Gefragte Altstars

Vor zehn Jahren gab es für altgediente Profis ein Hauptziel, um die Karriere üppig entlohnt ausklingen zu lassen: Die Ligen in den Golfstaaten. Seit in den USA, China und Brasilien ebenfalls gute Gehälter gezahlt werden, ziehen die Scheichs beim Schachern um namhafte Routiniers immer häufiger den Kürzeren. Dieses Jahr zeigt dies überdeutlich.

Das Phänomen, dass verdiente Profis in fernen Ländern den Vorruhestand antreten ist nicht neu. Zumeist erhofften sich „junge“ Fußballnationen von den alternden Stars aus den starken Fußballnationen die notwendige Aufmerksamkeit für ihre Profiligen. Befeuert wurde dieses Phänomen stets von potenten Geldgebern. Zumeist lockten die namhafte Zugpferde tatsächlich mehr Zuschauer an und damit weitere Werbepartner. Ganz nebenbei sollte der heimische Fußball von der Klasse und Erfahrung der Altstars profitieren und international wettbewerbsfähiger werden. Nicht immer war dies von Nachhaltigkeit geprägt. In den 1970ern lockte die US-amerikanische Profiliga Stars wie Franz Beckenbauer, Pele, Johan Cruyff oder auch Eusébio, doch die Glamourliga hörte 1984 schon wieder auf zu existieren. In den 1990ern heuerten zahlreiche arrivierte Profis in der neu gegründeten japanischen Profiliga an, um ihr einen attraktiven Anstrich zu verleihen. Die deutschen Weltmeister Guido Buchwald, Pierre Litbarski und Uwe Bein trugen dazu bei den Fußball in Japan zu einer bis heute währenden Popularität zu verhelfen. Zuletzt galt der Persische Golf als „the place to be“. Stefan Effenberg, Fernando Hierro, Gabriel Batistuta oder auch Weltmeister Fabio Cannavaro ließen sich auf den letzten Drücker noch mit Petrodollars in Katar oder den Vereinigten Arabischen Emiraten entlohnen. Doch in diesem Sommer zog es gerade einmal Raúl nach Katar zum Al-Sadd Sports Club. Die lukrativen Wechselmöglichkeiten für Altstars sind so global geworden wie nie zuvor. Die Spieler wechseln nicht mehr primär innerhalb Europas oder in den Mittleren Osten, sondern auch nach Übersee, Fernost und erstmals auch nach Südamerika.

CHINA
Didier Drogba, Nicolas Anelka, Seydou Keita und Frédéric Kanoute lauten 2012 die namhaftesten Neuzugänge der Chinese Super League. Insbesondere die Verpflichtung Drogbas ins Reich der Mitte ist beachtlich und wurde von weltweiten Schlagzeilen begleitet. Der amtierende Champions-League-Gewinner aus der Elfenbeinküste hätte sich in den europäischen Topligen sicher noch ein Engagement bei einem starken Club aussuchen können. Dass er fortan in Shanghai spielt, zeigt, dass in China mittlerweile gute Gehälter gezahlt werden. Während die oben aufgeführten Stars ablösefrei wechselten, wird für den Transfer anderer Spieler sogar richtig Geld in die Hand genommen. So kam der noch mitten im Fußballerleben stehende 27-jährige Lucas Barrios für 8,5 Millionen Euro von Borussia Dortmund zu Guangzhou Evergrade. Vielleicht ein Zeichen, dass China künftig ein ernsteres Wörtchen im globalen Transfermarkt mitsprechen möchte?!?

USA
Der Australier Tim Cahill sowie die Italiener Marco di Vaio und Alessandro Nesta vergrößern das Aufgebot der Routiniers in der US-amerikanischen Major League Soccer. Schon zuvor hatten mit David Beckham und Thierry Henry große Namen die US-Liga verstärkt. Mit Robbie Keane steht sogar ein Teilnehmer der zurückliegenden Europameisterschaft bei Los Angeles Galaxy unter Vertrag. Mit Torsten Frings und Arne Friedrich stehen zwei langjährige Stützen der deutschen Nationalmannschaft in Nordamerika unter Vertrag. Auch Michael Ballack wird hartnäckig mit US-Teams in Kontakt gebracht. Der sportliche Wettbewerb ist sicher größer als in China und auch der Aufschwung der amerikanischen Nationalelf zeigt, dass der Fußball in den USA mittlerweile ein ernsthafteres Image genießt, als noch in den eingangs erwähnten 1970er Jahren.

BRASILIEN
Mit Clarence Seedorf und Diego Forlan wechselten zwei weltbekannte Kicker in diesem Sommer von den beiden Mailänder Clubs nach Brasilien. Die Transfers der beiden Spieler verdeutlichen vor allem zwei Dinge. Zum einen ist Brasiliens Wirtschaft in den letzten Jahren enorm gewachsen, so dass hier mittlerweile viel Geld in den Fußball fließt. Zum anderen wirft die anstehende Fußball-Weltmeisterschaft 2014 ihre Schatten voraus. Mit Neymar ist es gelungen, den weltweit bekannten Jungstar in Brasilien zu halten. Die Verpflichtung der Routiniers Seedorf und Forlan beweist, dass auch Stars aus europäischen Ligen sich dem traditionell starken sportlichen Wettkampf in Brasilien stellen. Das Nachbarland Argentinien hat ebenfalls einen Weltstar in seiner heimischen Liga vorzuweisen. David Trezeguet (34) spielt mittlerweile bei River Plate, wobei den Franzosen auch eine besondere Beziehung mit dem südamerikanischen Land verbindet, wuchs er doch dort auf.

Internationale-Transfers von Altstars im Jahr 2012 (Tabelle: M.Kneifl)

From Europe to the world: Die 2012er Transfers von namhaften Altstars

Und dann gibt’s da ja noch … INDIEN
Groß Einsteigen in das Geschäft mit zugkräftigen Altstars wollte auch der indische Fußball. Anfang des Jahres sorgte die Meldung für Aufsehen, dass im verhältnismäßig fußballverrückten Bundesstaat Westbengalen eine Premier League Soccer entstehen sollte. Die Liga sollte im Franchiseprinzip aus sechs Teams bestehen, von denen jedes über einen sogenannten „Icon Player“ verfügen würde. Damit sollten gute Erfahrungen mit ähnlichen Modellen aus dem Kricket kopiert werden. Als „Ikonen“ wurden benannt: Fabio Cannavaro (38, Bengal Tuskers), Hernan Crespo (37, Barasat Euro Musketeers), Robert Pires (38, Manchester Howrah), Jay-Jay Okocha (38, Durgapur Vox Champions), Juan Pablo Sorin (36, Haldia Heroes) und Robbie Fowler (37, Kolkata Camelians). Das zeigt, dass der Großteil dieser Altstars geradewegs aus dem Ruhestand verpflichtet werden sollte. Leider folgten der vollmundigen Ankündigung keine Taten. Das Ligaprojekt kam bis heute nicht zustande, da die Verfügbarkeit von geeigneten Stadien nicht gewährleistet wäre. Nun hoffen die Organisatoren bis zum Ende des Jahres den Wettbewerb realisieren zu können. Der indische Fußball hätte in jedem Fall einen Popularitätsschub nötig. Blicken die Inder doch traditionell nach England und vernachlässigen den Support für die heimischen Clubs. Ob dies gelingt bleibt abzuwarten.