15. Spieltag (#fcud98): „Keller lässt am liebsten direkt und aggressiv spielen.“

O-JE-MI-NE. Die Lilien verkacken es in den letzten Wochen – ach was Monaten – in schöner Regelmäßigkeit. Der bisherige Tiefpunkt war die blutleere Vorstellung am letzten Spieltag gegen Sandhausen. Nun bittet am Freitagabend Spitzenklub Union Berlin zum Tanz. Egal wie namhaft der Kontrahent auch sein mag, aufgrund des Sturzflugs der letzten Zeit müssen schleunigst Punkte aufs Konto!

So sieht’s aus:

Gar nicht gut sieht’s aus. Die Lilien zementieren Woche für Woche ihren letzten Platz in der Trendtabelle. Sieben Punkte aus zehn Partien, zwei aus den letzten sechs. So sieht sie aus, die Bilanz des Grauens. Kein Wunder, dass der Relegationsplatz zur 3. Liga nicht mehr nur in Sicht-, sondern gar in Reichweite ist. Die Situation am Böllenfalltor ist jedenfalls reichlich ungemütlich und Präsident Rüdiger Fritsch muss sich Fragen nach der Arbeitsplatzgarantie für Torsten Frings gefallen lassen.

Der letzte Auftritt gegen den SV Sandhausen lässt jedenfalls sämtliche Alarmglocken schrillen. Drei Worte beschreiben letztlich das ganze Dilemma: Viel … zu … wenig. Die Lilien boten spielerisch viel zu wenig, taktisch viel zu wenig und – am Böllenfalltor ein No-Go – leidenschaftlich viel zu wenig. Es stimmt bedenklich, wenn sich eine Mannschaft nach einer zweiwöchigen Länderspielpause derart desolat präsentiert. Sandhausen schaffte es mit überschaubaren Mitteln, den SVD vor schier unlösbare Aufgaben zu stellen. Die 98er hatten der strukturierten, aber längst nicht überzeugenden Darbietung der Gäste rein gar nichts entgegenzusetzen. Selbst der Doppelwechsel Stark und Maclaren für Kamavuaka und von Haacke noch vor der Pause, bewirkte null, nada, niente.

Nach dem 0:1-Rückstand agierten die Lilien kopf- und planlos. Erneut wirkte es, als kämpfe jeder für sich allein und manchmal auch allzu sehr mit sich selbst. Es ist schon erstaunlich, wie gegen Braunschweig noch starke Spieler wie Kamavuaka und Mehlem einen Spieltag später quasi neben sich stehen. Doch damit waren sie beileibe nicht allein. Der gesamte Kader wirkte verunsichert. Nach vorne ging so gut wie nichts und hinten kommt es zu den gewohnten Aussetzern. Wer die Gelegenheit hatte, in die Gesichter der Lilienspieler zu blicken, der sah ein Mienenspiel, das keinerlei Lösungsansätze verriet. Die Kicker hatten entweder die Schnauze voll, weil so gar nichts ging, oder sie resignierten. So haben wir es aktuell mit einer Gesamtsituation zu tun, die dazu taugt, die 98er als handfesten Abstiegskandidaten auszuweisen.

Für das Gastspiel in Berlin darf man erwarten, dass die Lilien sich zusammenreißen und nicht erneut so unterirdisch auftreten. Ob das zu etwas Zählbarem führt, bleibt freilich offen. Sollte es bei den zuhause noch ungeschlagenen Köpenickern eine Niederlage setzen, dürfte der blau-weiße (Weihnachts)Baum noch vor der Advenszeit brennen. Danach kommt es bis zur Winterpause noch zu den Duellen gegen Regensburg, Aue und Fürth, in denen die 98er definitiv liefern müssen. Keine angenehme Ausgangssituation für den Bundesligaabsteiger.


Der Kontrahent hat das Wort:

Hans-Martin ist eines der Schwungräder, die den hervorragenden Union-Blog und -Podcast Textilvergehen antreiben. Auf Twitter gibt er unter @keanofcu seine Ansichten zum Besten.

Hans-Martin, Union durfte man vor der Saison zum Kreis der Aufstiegsaspiranten zählen. Nach einer kleinen Durststrecke hat sich der Klub zuletzt an die Tabellenspitze herangearbeitet. Wie ärgerlich ist da die Niederlage vom letzten Samstag in Heidenheim, auch oder gerade wenn die Konkurrenz Federn lässt?
Natürlich ist so eine Niederlage ärgerlich, allerdings finde ich das Unentschieden zwischen dem Club und Kiel ebenso wie Fortunas Niederlage im Sinne der Schadensbegrenzung eher tröstlich. Nix passiert, Glas halbvoll. Jetzt müssen wir eben am Freitag Darmstadt schlagen. *auf Holz klopf*

Die erste Halbserie neigt sich so langsam dem Ende zu. Wie schätzt Du die diesjährige 2. Bundesliga im Vergleich zu den letzten Spielzeiten ein, und welche Rolle dürfte Union in der Endabrechnung spielen?
Im letzten Jahr gab es mit Stuttgart und Hannover zwei klar favorisierte Teams, die sich dann trotz eigener Schwächephasen auch durchgesetzt haben. Die diesjährigen Absteiger habe ich vor der Saison im Vergleich dazu weit weniger dominant eingeschätzt, was sich ja bisher auch so bewahrheitet hat. Dass derzeit Düsseldorf und Kiel so marschieren, überrascht mich schon, auch wenn Letztgenannte von Goalimpact von Anfang an hoch gehandelt wurden. Union und Nürnberg sind schon erwartbarer mit in der Meute.
Bei Union hoffe ich darauf, dass der zuletzt gezeigte Aufwärtstrend anhält und wenigstens einer der beiden da oben noch einen Einbruch erlebt. Und am Ende will ich natürlich aufsteigen.

Zuhause ist Union fast schon eine Macht. Was macht die Mannschaft vor eigenem Publikum so stark?
Mein Eindruck ist, dass die Mannschaft mittlerweile das Selbstverständnis hat, an der Alten Försterei jeden schlagen zu können und entsprechend selbstbewusst in die Spiele geht. Dieser Effekt verstärkt sich im Erfolgsfall ja dann auch schön selbst. Vermutlich spielt auch das Publikum eine Rolle, der Heimbereich ist fast immer ausverkauft und in einem engen Stehplatzstadion überträgt sich die Stimmung recht gut von den Rängen aufs Feld.

Welche Spieler machen für dich derzeit in Deinem Team den Unterschied aus?
Wie bereits in der letzten Saison sind Toni Leistner in der Innenverteidigung und Sebastian Polter im Sturm sehr wichtig. Dazu zeigt Simon Hedlund als Linksaußen in seinem zweiten Jahr bei uns zunehmend, warum er seinerzeit der teuerste Transfer der Vereinsgeschichte war. Und dann ist da noch U21-Nationalspieler Marcel Hartel, der im offensiven Mittelfeld mit seiner unorthodoxen Spielweise und Kreativität neue Elemente in Unions Spiel bringt. Insgesamt sehe ich Unions Stärke aber in der im Vergleich zur letzten Saison größeren Kadertiefe und -variablität.

Mit welcher Marschroute dürfte Jens Keller sein Team am Freitag gegen arg verunsicherte 98er auf den Rasen schicken?
Der Plan dürfte eigentlich der gleiche sein wie immer zuhause: hoch pressen, den Gegner früh zu Fehlern zwingen und dann schnell nach vorn spielen. Trotz des eigentlich recht beachtlichen spielerischen Potentials der Mannschaft lässt Keller am liebsten direkt und aggressiv spielen.

Vor drei Jahren konnten die Lilien aus der Alten Försterei einen Punkt entführen und im Rückspiel überrollten sie Union am Bölle mit 5:0. Wie bewertest Du den aktuellen Saisonverlauf der Lilien aus der Ferne?
Oh ja, das 5:0 war übel. Ich bin tatsächlich recht weit weg. Vor der Saison hatte ich Darmstadt schwächer als Ingolstadt eingeschätzt und auch nicht geglaubt, dass sie um den Aufstieg mitspielen würden. Schließlich war der Durchmarsch in die Bundesliga ja schon so eine Art Betriebsunfall und der Abstieg eine Rückkehr zur Normalität.
Dass es so schlecht läuft wie zuletzt, hätte ich aber nie im Leben gedacht.

Trotz des Freitagabendtermins werden einige Lilienfans mit nach Berlin kommen, weil die Alte Försterei auch in Südhessen einen sehr guten Klang hat. Hast Du einen Tipp, wo die Lilienfans nach der Partie noch gepflegt ein, zwei Kalt- oder Heißgetränke zu sich nehmen können?
In Köpenick selbst ist da einerseits die Uniontanke am Bahndamm, bei der man zwar auch als Auswärtsfan recht entspannt sein Bier trinken kann, allerdings ist das open air, also womöglich recht ungemütlich.
Andererseits kann denjenigen, die sich tiefer nach Köpenick wagen, die Freiheit 15, das Krokodil, der Ratskeller oder die Restauration Zur alten Laterne anempfohlen sein – nach dem Spiel sicher alles in rot-weißer Hand, aber bei hinreichend instinktsicherem Verhalten kein Problem.
Zentrumsnäher gibt es natürlich noch eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten, und wer mit der S3 aus Köpenick kommend am Ostkreuz oder der Warschauer Straße aussteigt, findet bestimmt etwas.

Hans-Martin, herzlichen Dank für Deine Antworten und Einkehrtipps!


Auf die Ohren: Der Lilien-Podcast

Aufarbeitung, Aufarbeitung und nochmals Aufarbeitung. Der Grottenkick gegen Sandhausen hinterließ Kai, Christian, Daniel, Mike und mich auch am Montag noch einigermaßen fassungslos: KLICK


Gleiche Liga, gleicher Spieltag: Spieltag 2014/15

Quelle: kicker

2 Gedanken zu “15. Spieltag (#fcud98): „Keller lässt am liebsten direkt und aggressiv spielen.“

  1. Pingback: 15. Spieltag (#fcud98): „Keller lässt am liebsten direkt und aggressiv spielen.“ | re: Fußball

  2. Pingback: Die Familien-Mitgliedschaft für Kinder als Antwort auf die Regeln zum Dauerkartenverkauf ab nächster Saison | ***textilvergehen***

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.