Insider im Gespräch über … Selim Gündüz (#8)

Da hatte die Zeitung mit den vier großen Buchstaben wohl etwas falsch verstanden. Am Tag vor dem Deadline Day wollte sie erfahren haben, dass Dirk Schuster „noch ein, zwei oder drei Neuzugänge holen will, bis morgen die Transferliste schließt.“ Nun, es wurde am Freitag dann doch nur ein Neuzugang und in seinem Fall war das Beachten des Transferfensters herzlich egal, denn Selim Gündüz war vertragslos. Bis zum Sommer hat er seine Schuhe für den VfL Bochum geschnürt. Beim Verein aus dem Revier brachte es das Eigengewächs auf 52 Zweitligaeinsätze und vier Tore. Was von dem 24-Jährigen zu halten ist, darüber spreche ich – wie schon im Falle von Johannes Wurtz – mit Sportjournalist Philipp, der für westline.de über den VfL berichtet.

Philipp, nach Johannes Wurtz kommt mit Selim Gündüz der nächste Spieler mit Bochum-Vergangenheit zu den Lilien. Bei der ersten Garde hat sich der SVD in beiden Fällen nicht bedient.
Das stimmt. Johannes Wurtz hatte ja noch einen laufenden Vertrag in Bochum, mit Selim Gündüz wurde nach der vergangenen Saison nicht mehr verlängert. Beide haben sich zuletzt nicht mehr so entwickelt, dass ein weiteres Jahr beim VfL Sinn ergeben hätte. Die Trennungen waren nachvollziehbar.

Gündüz kam in den vergangenen vier Jahren auf 52 Einsätze. Davon stand er lediglich in 24 Partien in der Startelf. Über die volle Distanz spielte er nur 14-mal. Warum reichte es nicht zur Stammkraft?
Im Fußball geht es immer um Qualität, selbst wenn es nur vermeintliche Kleinigkeiten sind wie Konzentration oder Spielintelligenz. Selim mangelte es oft an der notwendigen Ruhe und Übersicht, er senkt viel zu häufig den Kopf und schaut dann nur noch auf den Ball. Technisch und taktisch gab es meiner Ansicht nach zu viele Defizite, weshalb es nicht für einen Stammplatz gereicht hat.

Die Frankfurter Rundschau schrieb am Samstag, dass man sich in Bochum bei Gündüz „an guten Tagen über seine Dynamik und seine Kampfkraft freute und an schlechten über sein etwas zielloses Herumrasen ärgerte“. Stimmst Du zu?
Ja, das trifft es sehr gut. In punkto Beweglichkeit und Einsatz war er ein Vorbild beim VfL. Selim Gündüz wird nie ein schlechtes Spiel absolvieren, weil es ihm an der notwendigen Einstellung fehlt. Er ist ein Kämpfer, ein Vollblutfußballer, sehr ehrgeizig – mit den genannten Schwächen.

Ließe sich also positiv formulieren, dass Gündüz ein robuster und schneller Spieler ist, mit einer guten Mentalität? Vielleicht ein kleiner Marcel Heller? Das entspräche so ganz dem Geschmack von Dirk Schuster.
Ich denke schon, dass Selim Gündüz genau den Verein gefunden hat, der in der zweiten Liga am besten zu ihm passen könnte. Er ist ein Spieler, der immer für Belebung sorgt, gerade dann, wenn er eingewechselt wird.

Auf welcher Position hat er beim VfL seine besten Leistungen gebracht und wäre er auch eine Alternative auf der Rechtsverteidigerposition? Dort hatten wir zuletzt in unserem Lilien-Podcast noch eine kleine Baustelle ausgemacht.
Seine Stammposition ist der rechte offensive Flügel. Dort kann er seine Stärken am besten einbringen. In der Abwehrreihe hat er in Bochum recht unterschiedliche Leistungen gezeigt. Ein Experiment in einer Dreier- bzw. Fünferkette, damals noch unter Ismail Atalan, ist krachend gescheitert. Das funktioniert nicht. In der Endphase der letzten Saison hat ihn Robin Dutt mangels Alternativen auch zweimal rechts hinten in der Viererkette spielen lassen. Trotz einiger Wackler war das gar nicht so schlecht. Dirk Schuster wird es sicher austesten.

Gündüz verabschiedete sich über die Sozialen Medien sehr wortreich und dankbar bei den VfL-Fans. Wie war sein Standing auf den Rängen?
Selim genießt ein hohes Ansehen bei den Fans in Bochum, er hängt sehr am VfL. Das spüren die Menschen natürlich. Hinzu kommt, dass ein Kämpfertyp im Fußball, speziell im Ruhrgebiet, besonders beliebt ist. Viele Anhänger hätten ihn deshalb gerne behalten, wissen aber auch, dass er fußballerisch zu ersetzen ist. Ich denke, dass er sich in Darmstadt voll einbringen wird. Eine positive Entwicklung wäre ihm nur zu wünschen.

Philipp, besten Dank für Deine interessanten Ausführungen.